Lean Startup: Die schlanke Innovationsmethode

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Digitalisierung, Automatisierung, Globalisierung: Der Takt der Wirtschaft wird von Jahr zu Jahr schneller. Damit steigt der Konkurrenzdruck. Und der Druck, möglichst schnell Innovationen auf den Markt zu bringen. Mit der Lean Startup Methode kann das gelingen – auch bei Mittelständlern und Konzernen.

Definition: Was ist die Lean Startup Methode?

Die Lean Startup Methode bedeutet: Im großen Maßstab denken, aber klein anfangen. Im Mittelpunkt stehen effiziente Abläufe und das Lernen durch wiederholtes, kundenorientiertes Testen. Dabei ist es wichtig, die Kunden, ihre wahren Bedürfnisse und Anforderungen stets in den Fokus zu rücken. Durch das Testen von Annahmen und regelmäßiges Kundenfeedback werden frühzeitig Schlussfolgerungen in der Produktentwicklung gezogen. Dadurch wird der Prozess schlank gehalten und das Risiko des Scheiterns minimiert. Wichtig hierfür ist eine Experimentierfreude und offene Arbeitsumgebung, in welcher Unternehmen den Lean Startup Beteiligten den nötigen Freiraum gewähren.

Wird die Lean Startup Methode in großen Unternehmen angewendet, ist es ratsam, es in kleinen, abgekapselten Arbeitsgruppen bzw. Teams einzusetzen. Zum Beispiel in Innovationsgruppen, die losgelöst von den Firmenstrukturen agieren können. Teilweise gründen Firmen eigene Startups aus, damit diese Einheit wirklich frei agieren kann.  
 

Der Lean Startup Zyklus: Wie funktioniert Lean Startup?

Im Kern von Lean Startup steht der dreistufige Lean Startup Zyklus „Bauen – Messen – Lernen“ oder auch „Build – Measure – Learn“, auch BML-Prozess genannt:

Schritt 1: Bauen

Eine minimale Version – stark reduziert auf die wichtigsten Aspekte – des Produktes wird entwickelt (Minimum Viable Product (MVP) oder minimal funktionierende Produkt (MFP)).

Bevor jedoch mit dem Bau des minimal funktionierenden Produktes (MFP) gestartet wird, durchlaufen Sie einen Design Thinking Prozess. Alle Annahmen sollten aufgeschrieben werden, um in der Lernphase damit arbeiten zu können. Es folgt eine genaue Definition, was genau gelernt werden soll und unter welchen Voraussetzungen die Annahme als validiert oder widerlegt bewertet wird. Die Anforderungen werden nach erwartetem Kundennutzen und nach Risiko priorisiert. Im Idealfall wird mit der kritischsten Annahme der Test gestartet.
 

Schritt 2: Testen

Mit dem MVP bzw. MFP testet das Team seine Annahmen zusammen mit Kunden.

Das Messen bzw. Testen enthält qualitative und quantitative Merkmale und Feedback. Hier gibt es einen Unterschied zum Design Thinking Prozess, in welchem quantitative Daten nicht erhoben werden.

In diesem Schritt ist es wichtig, sich nicht selbst zu beeinflussen. Hören und sehen Sie nicht nur das, was sie hören und sehen möchten.
 

Schritt 3: Lernen

Nach dem Testen erfolgt ein Feinschliff oder einen Kurswechsel.

Die gewonnenen Erkenntnisse aus Schritt 2 werden nun verarbeitet. In diesem Schritt stellt sich heraus, wie das Produkt bei der Zielgruppe ankommt und ob die Idee ein Erfolg oder ein Misserfolg ist. Fokussieren Sie sich auf das zu lösende Kundenproblem und passen Sie Ihre Idee gegebenenfalls darauf an. Sie möchten die Probleme für Ihre Kunden lösen und haben nun die Möglichkeiten dafür. Streichen Sie Merkmale, welche keine Akzeptanz finden und fügen Sie neue Merkmale aus dem gewonnenen Feedback hinzu. Priorisieren Sie Ihre Idee bzw. Ihre Projekt auf Basis der Erkenntnisse neu und starten Sie in den nächsten Lean Startup Zyklus.
 

Pivot

In der Lernphase kann es vorkommen, dass ein sogenannter Pivot (engl. für Drehpunkt) erreicht wird. Dies bedeutet, dass auf Basis der Erkenntnisse das ursprünglich geplante Produkt oder Geschäftsmodell komplett umgedreht wird. Oft bleibt dabei nichts von der ursprünglichen Idee über.
 

Product Market Fit

Nachdem das Lean Startup mehrmals durchlaufen wurde und schließlich die Bedürfnisse des Marktes mit einem geeigneten Produkt und einem belastbaren Geschäftsmodell erfüllt wurden, spricht man vom „Product Market Fit“. Jetzt geht es darum, das Produkt oder Geschäftsmodell auszubauen und zu skalieren.
 

Lean Startup im Zusammenspiel mit Design Thinking und Scrum

Beim Aufbau eines Produktes oder Geschäftsmodells spielt die Lean Startup Methode eine wichtige Rolle. Sie wird von anderen Innovations- und Arbeitsmodellen unterstützt:

  • Design Thinking – Vor Beginn des Baues und des ersten Lean Startup Zyklus ist es wichtig, die Bedürfnisse der Kunden zu kennen. Design Thinking nutzt hierfür Interviews und Prototypen, um die Bedürfnisse und Schmerzpunkte der Zielgruppe zu verstehen. Lean Startup ermöglicht, diese Lösungen schnell zu testen, zu validieren und effektiv auf den Markt zu bringen.

  • Scrum – Scrum ist eine Arbeitsmethode, um Teams bis zu 10 Personen zu organisieren. Genau wie Lean Startup setzt Scrum auf eine iterative Vorgehensweise. Allerdings ist im Unterschied zur Lean Startup Methode ein Scrum Prozess deutlich prozessualer und starrer. Es wird in festen Sprints gearbeitet, welche in Wochenintervallen mit einer Vielzahl von Leuten durchgeführt werden. Im Gegensatz dazu erfordert die Lean Startup Methode mehr Flexibilität. Manchmal werden MVPs täglich angepasst und die Anzahl der Beteiligten ist deutlich reduziert.

In der Darstellung von Gartner wir das Zusammenspiel von Design Thinking, der Lean Startup Methode und Scrum (Agile) grafisch darstellt.
 

Ziele von Lean Startup

  • Schnelligkeit: Neue Konzepte und Geschäftsmodelle ausprobieren und kostengünstig entwickeln

  • Vermeiden von Verschwendungen: schlankes Entwickeln, um Erfolg oder Scheitern frühzeitig zu erkennen

  • Hohe Flexibilität: durch stetiges Testen und Anpassen des Produktes

  • Individualität: Kunden und deren Wünsche werden direkt in die Entwicklung mit einbezogen
     

Lean Startup: Bekannte Beispiele

Funktioniert die Methode von Eric Ries wirklich? Ja, definitiv. Es gibt zahlreiche Neugründungen, die so ihre ersten erfolgreichen Schritte gegangen sind.
 

Dropbox

Das bekannteste Lean-Startup-Beispiel ist Dropbox. Bevor der Cloud-Dienst offiziell an den Start ging, testeten die beiden Gründer zuerst das Konzept mit einem Minimum Viable Product (MVP). Daraus entstand schrittweise ein Multi-Milliarden-Unternehmen.
 

AirBnB

Heute ist AirBnb eine weltweit führende Plattform für das Teilen von Unterkünften. Gestartet haben die zwei Gründer das Konzept, um zusätzliches Einkommen für ihre Miete zu erhalten. Auf Reaktion auf das große Interesse der ersetn Gäste, entwickelten sie ihr Konzept weiter.

Auch Twitter, Slack und Zappos entstanden durch die Anwendung der Lean Startup Methode. Die Erfinder nahmen keine teuren Marktstudien vor, stattdessen setzten sie auf das Validated Learning.  

Doch auch etablierte Unternehmen können einiges aus der Lean Startup Methode mitnehmen, davon war der Lean Startup Erfinder Eric Ries überzeugt. Jedes Unternehmen, ob Startup oder etabliert, ist ein soziales System, das analysiert werden kann, um Erkenntnisse zur Steigerung des Erfolgs zu gewinnen. So können z. B. neue Konzepte innerhalb eines Change-Prozesses entwickelt werden.
 

Welche Jobs gibt es im Rahmen von Lean Startup?

Um Lean Startup anzuwenden, sind Personen mit verschiedenen Fähigkeiten nötig. Das heterogene Team kann aus Grafikern, BWL-Experten, Marketing-Profis und Entwicklern bestehen oder auch aus Produktmanagern, Ingenieuren, Analysten und Webdesignern. 

Wichtig ist die Unterschiedlichkeit der Beteiligten und zugleich ihre gemeinsame Offenheit für neues Denken und Arbeiten.

Somit gibt es nicht den typischen Lean Startup Job, jedoch gewisse Positionen, die häufig zum Einsatz kommen. Dazu gehören Informatiker bzw. Programmierer, denn sie entwickeln die digitalen MVPs. Je nach Zielrichtung sind unterschiedliche Spezialisierungen vonnöten. Geht es um eine neuartige App, sind iOS- und Android-Entwickler gefragte Leute; bei einem innovativen Onlineshop-Konzept werden eher PHP-Programmierer benötigt.  

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Die Vorteile von Lean Startup

Schnell etwas realisieren; machen statt reden; wenig Budget, großer Output: Das ist der Kerngedanke der Lean Startup Methode. Ideal für Teams, die echte Innovationen auf den Markt bringen möchten, aber nicht wissen, ob ihr Konzept grundsätzlich funktioniert. 

Ein Hauptgrund, warum viele Startups und Innovationsteams scheitern, ist: Sie entwickeln ihre Produkte am Markt vorbei. Die Ergebnisse sind zu zu teuer, zu kompliziert, zu neuartig, zu andersartig, dem Markt zu weit voraus oder einfach unbrauchbar. Um diese Stolpersteine aus dem Weg zu räumen, sollten sich Unternehmen stets bewusst sein, was ihre Kunden wirklich benötigen – und was eben nicht. 

Das gelingt, indem sie beispielsweise Jobs To Be Done  oder Design Thinking anwenden und indem sie MVPs / MFPs mit Lean Startup realisieren, welche sie dann über das sogenannte Validated Learning verbessern. Kurz gesagt, ist Lean Startup:

  • Kostengünstiger

  • Schneller

  • Flexibler

  • Kundenorientierter

  • Individueller
     

Kritik und Nachteile

Selbstverständlich ist auch Lean Startup nicht fehlerfrei. Zum Beispiel wird häufig kritisiert, dass mehr eine Vision und weniger ein festes Ziel im Vordergrund steht. Das könnte dazu führen, dass die Anwender beim Experimentieren Vorgaben wie Deadlines oder Budgetgrenzen nicht einhalten. Ebenso schwer ist eine Planbarkeit. Ein Vorgehen nach klassischer Wasserfall-Methode eignet sich nicht, dafür sind agile Prozesse wie Scrum angebracht.

Bei solch einer iterativen Entwicklung kann es vorkommen, dass das ursprüngliche Konzept und das sukzessive entstehende Produkt vollkommen unterschiedlich ausfallen.

Klarmachen sollte man sich auch: Lean Startup eignet sich nicht für jede Art von Produkt. Ein Medikament oder ein Flugzeug können nicht als schnell zusammengezimmerter Prototyp am Endkunden getestet werden.  
 

Fazit

Ist Lean Startup nur etwas für Neugründungen? Nein. Bewahrt es vor Fehlschlägen? Ebenfalls nein.

Getreu dem Motto „Fail often, fail fast“ geht es bei der Methode von Eric Ries darum, ständig Fehler zu machen und daraus zu lernen. Dementsprechend ist es wichtig, dass alle Schritte des Lean Startup Zyklus schnell getaktet sind. Nur so kann ein Team sein Produkt agil entwickeln.

Was auch nicht vergessen werden darf: Bei der Anwendung von Lean Startup geht es wenig um Kreativität. Ries betont in seinem Buch mehrfach die Wichtigkeit von Entrepreneurship. Dazu sagt er: „Entrepreneurship besteht zu 5 % aus einer zündenden Idee […], die restlichen 95 % sind schweißtreibende Arbeit“.

Bilder: Adobe Stock, Gartner

Häufige gestellte Fragen

Woher stammt der Begriff „Lean Startup“?

Eric Ries gilt als der Erfinder der Lean Startup Methode. Er beschrieb sie ausführlich in seinem 2011 veröffentlichtem Buch „The Lean Startup: How Today’s Entrepreneurs Use Continuous Innovation to Create Radically Successful Businesses“, welches 2012 in Deutschland als „Lean Startup: Schnell, risikolos und erfolgreich Unternehmen gründen“ auf den Markt kam. Seitdem gilt es Pflichtlektüre für alle Gründer und innovative Manager.

Ries ist Software-Entwickler, Autor und Entrepreneur. In seinem Buch „The Lean Startup“ bringt er viele Beispiele seines Unternehmens IMVU. Beim Aufbau des Startups machten er und sein Team viele Fehler bei der Produktentwicklung. Diese kommen in ähnlicher Form bei vielen Unternehmen vor. Um sie zu vermeiden, entwickelte Ries die Lean Startup Methode. Hierfür ließ er sich unter anderem beim Lean Manufacturing und dem Design Thinking inspirieren.

Was bedeutet validiertes Lernen?

Validiertes Lernen bzw. Validated Learning ist ein weiterer Begriff, den Eric Ries prägte. Er bedeutet, dass eine Idee durch einen ständigen Lernprozess überprüft und auf Fakten basierend weiterentwickelt wird. Daraus entsteht der Lean Startup Zyklus.

Dieser Kreislauf besteht aus einer Dauerschleife, die aus den drei Phasen Bauen - Messen - Lernen besteht. Im Englischen bezeichnet man dieses Vorgehen als „Build-Measure-Learn“ (BML).

Was ist ein MVP?

Ein MVP ist die erste lebensfähige Version eines Produktes, die von Frank Robinson inspiriert und durch Lean Startup bekannt wurde. Hier sind einige wichtige Merkmale eines guten MVP.

  • Ein MVP konzentriert sich nur auf einen oder wenige Hauptleistungsaspekte eines Produktes.

  • Die Hauptaufgabe des MVP besteht darin, Datenpunkte und Erkenntnisse zu sammeln, um die Schlussfolgerungen zu validieren.

  • Ein erfolgreicher MVP entsteht aus tiefgreifendem Design Thinking und Kundenfeedback.

  • MVP steht nicht immer für eine kostengünstige oder schnelle Lösung. Abhängig von der Branche oder dem Anwendungsfall kann die Entwicklung eines MVP auch viel Zeit und Ressourcen erfordern.