Professionelles Ablehnen: Wie Sie im Vorstellungsgespräch überzeugend „Nein!“ sagen

Müssen Sie bei einem Job-Interview allen Vorschlägen zustimmen? Auf keinen Fall, auch wenn Sie Ihren Traumjob unbedingt haben wollen. So gelingt es Ihnen, Ihre Grenzen erfolgreich aufzuzeigen.
 

Gut vorbereitet ins Bewerbungsgespräch - Dann kommt es anders als gedacht

Paul geht es gut. Er sitzt in einem Vorstellungsgespräch und der Puls ist fast normal. Dass er mit einem Personalverantwortlichen spricht, stört Paul nicht, denn er hat sich umfangreich auf das Bewerbungsgespräch vorbereitet. 

Sein Outfit sitzt perfekt. Dank seiner persönlichen SWOT-Analyse kennt er seine Stärken und Schwächen. Er kann seine Wechselmotivation begründen. Kurzum: Seine perfekte Vorbereitung macht es möglich, ganz entspannt zu bleiben.

Der Personalverantwortliche fragt Paul im Laufe des Gespräches, ob er einige Monate im Ausland arbeiten könne. Paul gerät ins Schwanken, denn auf diese Frage war er nicht vorbereitet. Seine Familie zu Hause für mehrere Monate alleine zu lassen, kommt für ihn nicht in Frage. Ein unangenehmes Schweigen breitet sich aus. Paul zögert und fragt sich: Wie kann er auf diese Frage antworten? Soll er dem Personalverantwortlichen wirklich eine Absage erteilen und wie wirkt sich das auf seine Job-Chancen aus?

Was denken Sie? Sind auch Sie unsicher? Dann geht es Ihnen wie Paul. Wir geben Ihnen Tipps, wie Sie in dieser Situation reagieren können.
 

Warum haben manche Menschen ein Problem damit, Nein zu sagen?

Das Zögern, nicht sofort oder eindeutig Nein von sich zu geben, hat oft tiefliegende psychologische Ursachen. Diese werden unter anderem von diesen verschiedenen Faktoren beeinflusst:
 

Angst vor Ablehnung
Sie könnten befürchten, dass ein klares Nein negative Konsequenzen nach sich zieht - zum Beispiel soziale Ablehnung oder den Verlust des Arbeitsplatzes.
 

Wunsch nach Anerkennung
Das Bedürfnis, geschätzt und anerkannt zu werden, kann Sie dazu verleiten, Ja zu sagen - auch wenn dies unangenehme Folgen für Sie hat.
 

Konfliktvermeidung
Ein Nein könnte einen Konflikt auslösen. Den möchten Sie aber in einer gewissen Situation vermeiden. Oder Sie sind generell konfliktscheu und gehen kritischen Situationen gerne aus dem Weg.
 

Verpflichtungsgefühl
Manche Personen fühlen sich verpflichtet, die Erwartungen anderer um jeden Preis zu erfüllen. Geht es Ihnen auch so?
 

Unklarheit und Unsicherheit
Unter Umständen fällt es Ihnen auch schwer, Ihre eigenen Grenzen zu erkennen und zu verteidigen. Deshalb belasten Sie sich mehr, als Ihnen gut tut.

 

Nein sagen im Bewerbungsprozess: Wann kann das sinnvoll sein?

Es ist verständlich, dass Sie als Bewerber an allen Stationen eines Bewerbungsprozesses ein möglichst gutes Bild abgeben möchten. Trotzdem sollten Sie nicht jeden Vorschlag und jede Option sofort annehmen. In diesen Situationen kann ein „Nein, das geht nicht!“ angebracht sein:
 

Unrealistische Anforderungen
Jedes Unternehmen möchte den bestmöglichen Mitarbeiter einstellen. Deshalb könnte man von Ihnen Fähigkeiten verlangen, die Sie gar nicht haben oder nur mit sehr viel Mühe erfüllen können.
 

Unpassende Arbeitsbedingungen
Man erwartet von Ihnen, dass Sie regelmäßig Überstunden machen und sich privat fortbilden. Oder Sie sollen wie Paul im Ausland arbeiten, obwohl Sie das nicht wollen oder wegen Ihrer privaten Situation gar nicht können.
 

Legale Grenzen
Manchmal versuchen Arbeitgeber auch die legalen Grenzen zu „verschieben“. Zumindest wollen Sie ausloten, wie weit Sie Ihre moralischen Vorstellungen verschieben können, um einen Job zu ergattern.
 

Schlechte Entlohnung
Bei Gehaltsverhandlungen wird gerne mit harten Bandagen gekämpft. Es ist durchaus üblich, dass Ihnen ein Personalverantwortlicher ein recht niedriges Gehalt anbietet oder dass er Ihnen kaum Zusatzleistungen geben möchte.
 

Unklare Perspektiven
Vielleicht ist zum Zeitpunkt des Vorstellungsgesprächs noch nicht ganz klar, wo und wie Sie im Unternehmen arbeiten werden. Oder die Karriereoptionen sind nicht wie versprochen möglich. Kurz: Man wird im Ungewissen gelassen oder vertröstet.

Erfolgreich Nein sagen - diese Tipps helfen

Im Leben im Allgemeinen und in einem Bewerbungsgespräch im Besonderen kann es wichtig sein, ein Angebot abzulehnen. Damit es Ihnen nicht so ergeht wie Paul, können Sie die folgenden Tipps beherzigen:
 

Finden Sie die Gründe
Warum möchten Sie lieber zustimmen als ablehnen? Finden Sie heraus, warum es Ihnen schwer fällt, Nein zu sagen. Machen Sie sich die Gründe bewusst.
 

Strategien aneignen
Für Bewerber ist es wichtig, im Vorstellungsgespräch selbstbewusst zu wirken. Beginnen Sie damit, Strategien zum Nein-Sagen zu erlernen, zum Beispiel durch Bücher, Online-Tipps, Videos oder persönliche Coachings. 
 

Üben, üben, üben
Wenn Sie ein paar Strategien oder Maßnahmen kennen, müssen Sie sich diese regelmäßig verinnerlichen. Denken Sie daran: Übung macht den Meister!
 

Grenzen ausloten
Machen Sie sich vor einem Job-Interview nochmals klar, was für Sie ein „Go“ und was ein „No-Go“ ist. Definieren Sie für sich klare Grenzen, beispielsweise beim Gehalt.
 

Freundlich bleiben
Im Gespräch selbst sollten Sie höflich, aber bestimmt sein. Erklären Sie, warum ein bestimmter Aspekt für Sie nicht akzeptabel ist. Bleiben Sie dabei respektvoll. 
 

Alternativen anbieten
Sagen Sie nicht einfach Nein zu einem Vorschlag! Bieten Sie immer alternative Lösungen an. Diese sollten für beide Seiten akzeptabel sein. 
 

Verhandeln Sie
Seien Sie diskussionsfreudig und verhandlungsbereit. Achten Sie aber darauf, nicht zu „weich“ zu werden und am Ende eine Zustimmung zu geben, die Sie gar nicht wollten.
 

Keine Hektik
Wenn Sie nicht sofort klar Ja oder Nein sagen können oder wollen, dann bitten Sie um Bedenkzeit, damit Sie eine wohlüberlegte Entscheidung treffen können.
 

Vorstellungsgespräch: Weshalb ein Nein ein gutes Zeichen ist

Es ist absolut wichtig, dass Sie in einem Bewerbungsgespräch nicht zu allem Ja sagen. Hier sind einige Gründe, warum:
 

Selbstbewusstsein
Wenn Sie nicht allem zustimmen und auch mal einen Widerspruch geben, strahlen Sie Selbstbewusstsein aus. Sie beweisen den Anwesenden damit klar, dass Sie Grenzen haben und diese nicht überschreiten möchten.
 

Kommunikation
Durch das Aussprechen eines „Nein, das kann ich nicht akzeptieren“ oder dergleichen, setzen Sie ein klares Statement. Sie sind somit ein Mann oder eine Frau der deutlichen Worte. 
 

Verhandlungsgeschick
Nehmen Sie ein Angebot nicht gleich an, aber zeigen Sie sich trotzdem kompromissbereit, scheinen Sie Taktgefühl und Verhandlungsgeschick zu haben. Das macht Eindruck, besonders wenn Sie sich auf eine Führungsposition bewerben.
 

Überlegtes Handeln
Zögern Sie mit Ihrem Nein oder bitten Sie um eine kleine Denkpause, kann das so wirken, als wären Sie unsicher. Bleiben Sie allerdings ruhig, spricht Ihre Reaktion eher dafür, dass Sie Handlungen und Konsequenzen durchdenken und abwägen.
 

Standhaftigkeit
Lehnen Sie begründet einen Vorschlag oder ein Angebot mehrfach ab, zeugt das von Standhaftigkeit.


Fazit

In einem Bewerbungsgespräch kann das Nein-Sagen eine herausfordernde, aber wichtige Fähigkeit sein. Wenn Sie zum Beispiel mit Anforderungen oder Vorschlägen konfrontiert werden, die nicht Ihren Vorstellungen oder Fähigkeiten entsprechen, ist es entscheidend, dies klar und respektvoll zu kommunizieren. Ein taktvolles Nein kann zum Beispiel Ihre Professionalität unterstreichen und vermitteln, dass Sie in schwierigen Situationen standhaft und respektvoll bleiben.

Doch zeigen Sie auch, dass Sie kompromissbereit sind. Beharren Sie nicht zu sehr auf Ihrem Standpunkt, denn das könnte negativ wirken. Wenn Sie merken, dass Sie mit Ihrem Nein anecken oder Ihr Bewerbungsgespräch kippt, sollten Sie um eine Bedenkzeit bitten oder eine andere Lösung finden.

Für Paul ging das Job-Interview übrigens positiv aus. Er machte klar, dass er auf keinen Fall im Ausland arbeiten möchte und begründete das mit seinen fehlenden Sprachkenntnissen. Für den Recruiter war das in Ordnung, denn das Unternehmen suchte auch ein paar Mitarbeiter für den Innendienst.

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